Nikolaus Cusanus, Kommendatarpfarrer von St. Wendel 1446-1464

Einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des Spätmittelalters ist mit der Kirche und Stadt St. Wendel untrennbar verbunden: Nikolaus Cusanus. Die von ihm gestiftete Kanzel erinnert ebenso wie sein Wappen innerhalb des Zyklus der Deckengemälde an diesen großen Mann.

Cusanus-Kanzel in der Basilika zu St. Wendel
Cusanus-Kanzel in der Basilika zu St. Wendel
Deckengemälde mit Wappen des Nikolaus Cusanus, 2. Wappen von links
Deckengemälde mit Wappen des Nikolaus Cusanus, 2. Wappen von links
Logo der heutigen Cusanus- Gesellschaft
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Nikolaus von Kues, latinisiert auch Nicolaus Cusanus genannt, (* 1401 in Kues an der Mosel (heute Bernkastel-Kues); † 11. August 1464 in Todi, Umbrien) war Kardinal und Universalgelehrter. Er gilt als der bedeutendste Philosoph und einer der bedeutendsten Mathematiker des 15. Jahrhunderts.

Leben

Nikolaus von Kues wird 1401 als Nikolaus Chrifftz (= Krebs), Sohn eines wohlhabenden Weinhändlers in Kues an der Mosel geboren. Mit fünfzehn beginnt er zu studieren. 1417 beginnt er in Padua, dem geistigen Zentrum der damaligen Zeit, ein sechsjähriges Studium. In Heidelberg (1416/17) und Padua (1417-23) studiert er Mathematik, Physik, Astronomie, Medizin, antike Philosophie und Jura - nur nicht Theologie. Mit 22 erwirbt er den Doktortitel in Jura (doctor decretorum). Danach belegt er in Köln Theologie.

Er beginnt eine kirchliche Laufbahn, die ihn bis in die Führungsspitze der Kirche bringt: Mit 26 Dekan am Florinstift in Koblenz, dann Probst von Münstermaifeld (1435-1445), mit 29 Sekretär des Erzbischofs von Trier und dessen Bevollmächtigter auf dem Konzil von Basel (1432-1437). Von seinem Lehrer, Kardinal Caesarini, wird er zum Vorsitzenden der "Deutschen Nation auf dem Basler Konzil" berufen. Zuerst auf Seiten der Konzilspartei, deren Absicht, dem Papst ein parlamentarisches Konzil überzuordnen, von Nikolaus Cusanus anfangs geteilt wird, entwickelt er sich dann zum Parteigänger des Papstes. 1438 wird er Domkanoniker in Lüttich.

Im Schisma mit den böhmischen Hussiten gelingt ihm zeitweilig eine Wiedervereinigung Prags mit Rom. Mit seinem Lehrer Caesarini unternimmt er 1437 eine erfolgreiche Reise nach Konstantinopel. 1438-48 ist er päpstlicher Gesandter bei den deutschen Reichs- und Fürstentagen und 1448 maßgeblich am Abschluss des Wiener Konkordats beteiligt. 1450 erhält er das Fürstbistum Brixen im heutigen Südtirol und wird von Papst Nikolaus V. zum Kardinal erhoben - er ist der einzige deutsche Kardinal seiner Zeit. 1450-52 unternimmt er eine Legationsreise durch Deutschland, um Kirche und Klöster zu reformieren. Dabei ist eines seiner Anliegen die Förderung des Glaubenswissens im Volk (später von der Reformation aufgegriffen). Zeugnis dafür sind die damals aufgehängten und in verschiedenen Kirchen noch vorhandenen Tafeln mit dem Vaterunser und den Zehn Geboten in der Volkssprache. In Preußen schlichtet er Streitigkeiten zwischen den Deutschordensherren und den Städten.

Nikolaus Cusanus war befreundet mit dem Florentiner Kartographen Paolo dal Pozzo Toscanelli. Er beschäftigte sich selbst intensiv mit Mathematik und Astronomie und war bahnbrechend auf dem Gebiet der Arzneikunde. Er war der erste, der die Konstantinische Schenkung, die als Grundlage für den Kirchenstaat diente und über 700 Jahre lang von niemandem angezweifelt wurde, als Fälschung entlarvte. Nach Streitigkeiten mit Herzog Sigmund von Tirol (dem Münzreichen) musste er nach Rom flüchten, behielt aber seine Stelle als Bischof von Brixen bei. Sein Nachfolger wurde Georg Golser. Die letzten sechs Jahre seines Lebens war er als Generalvikar und Kurienkardinal Ratgeber Pius II. mit einer Reform des Klerus und der allgemeinen Kirchenreform befasst. Er galt als ernstzunehmender Nachfolgekandidat für das nächste Konklave, die Papstwahl.

Am 11. August 1464 stirbt er in Todi, Umbrien. Sein Grab ist in der Kirche S. Pietro in vincoli in Rom. Sein Herz ruht in der Kapelle des von ihm gestifteten St.-Nikolaus-Hospitals (Cusanusstift) in Bernkastel-Kues. Dort befindet sich auch Nikolaus' erhalten gebliebene Bibliothek, die mit ihrer Sammlung von hunderten mittelalterlichen Handschriften, Inkunabeln und Wiegendrucken aus Theologie, Philosophie, Wissenschaft und Mathematik als eine der wertvollsten Privatbibliotheken der Welt gilt.

Denken

Cusanus-Kopf
Cusanus-Kopf

Kues glaubte daran, dass die Menschen Gott nicht erfassen können. Die von ihm entwickelten Ideen erscheinen in heutigem Licht sehr modern: Unendlichkeit des Alls, die Erde nicht im Mittelpunkt des Universums, Erdrotation, bewohnte extra-solare Planeten, Relativität von Maßen und daraus folgend das Fehlen einer absoluten Exaktheit von Messungen, um nur einige zu nennen.

Er beschäftigte sich auch mit diagnostischer Medizin, Botanik und Kartografie und führte wissenschaftliche Experimente durch. Er nahm die Ideen vieler Denker, wie etwa von Giordano Bruno, Kopernikus, Johannes Kepler, Galileo Galilei, Isaac Newton und Albert Einstein vorweg, konnte aber in seiner Zeit kaum auf Antizipation hoffen.

Nikolaus markierte einen Übergang des Mittelalters zur Neuzeit. Seine Abkehr vom Aristotelismus nahm moderne physikalische Vorstellungen vorweg: Erdrotation, Trägheitsgesetz, Relativität der Bewegungen, Infinitesimalrechnung etc. Inspiriert vom Neoplatonismus und der deutschen Mystik (Meister Eckhart) entwickelte er die paradoxale Grundfigur seines Denkens, seine Lehre von der coincidentia oppositorum, dem Zusammenfallen des Entgegengesetzten in Gott, nach der es allerdings keine positive und adäquate Erkenntnis Gottes, sondern nur ein Begreifen unseres Nichtbegreifens (docta ignorantia) gebe. Das unendliche Universum hat keinen Mittelpunkt (Erde) und kann auch rational nicht wirklich erfasst werden. Jede Religion spiegelt einen Teil der göttlichen Wahrheit, da sie Gott, in dem alle Gegensätze vereint sind, nur relativ zu erfassen vermag.

Pfründe

Die Pfründepraxis der spätmittelalterlichen Kirche wurde und wird von der historischen Forschung im allgemeinen als Missstand eines reformbedürftigen katholischen Christentums beklagt. Die damaligen Geistlichen waren jedoch auf Pfründe angewiesen, da nur so ihr Lebensunterhalt zu sichern war. Auch Nikolaus von Kues hat sich an der „Jagd nach den Pfründen“ beteiligt, weniger gute Präbenden gegen bessere getauscht, Pfründe gehäuft und sich Präbenden reservieren lassen. Die folgende Liste gibt einen Überblick über die Pfründe des Nikolaus von Kues:

  • Pfarrkirche St. Andreas in Altrich (1425-1429)
  • Kanonikat an St. Simeon in Trier (1426-1428)
  • Pfarrkirche St. Gangolf in Trier (ab 1427)
  • Dekanei an Liebfrauen in Oberwesel (1427-1431)
  • Dekanei an St. Florin in Koblenz (1427-1445)
  • Kanonikat an St. Kastor in Karden (vor 1430-nach 1452)
  • Vikarie an St. Paulin in Trier (1430-nach 1438)
  • Pfründe an St. Martin in Oberwesel (1433)
  • Propstei in Münstermaifeld (I) (1435-1445)
  • Provision mit der Propstei in Magdeburg (1437)
  • Propstei von St. Aposteln in Köln (1441)
  • Reservierung von Dignitäten in den Erzbistümern Mainz, Köln und Trier
  • Johannes-Altar in Münstermaifeld (ab 1442)
  • Päpstlicher Subdiakon (ab 1443)
  • Pfarrkirche in Schindel (1443-1464)
  • Utrechter Präbende (1444-1446)
  • Archidiakonat von Brabant (1445-1461)
  • Propstei in Olderzaal (1446-vor 1453)
  • Pfarrkirche von St. Wendel (1446-1464)
  • Kardinal an der Titelkirche St. Peter in Vincula (1449-1464)
  • (Vollmacht zur Übertragung von 10 Kanonikaten, zur Reservierung von 10 Präbenden und 20 weiteren Benefizien (1450))
  • Bischof von Brixen (1450-1464)
  • Propstei in Münstermaifeld (II) (1459-1464)
  • Abtei S. Severo e Martirio bei Orvieto (1461-1464)
  • Propstei von St. Mauritius in Hildesheim (1463)

Die Kalenderreform

In seiner Schrift "De correctione calendarii" geht Nikolaus von Kues anlässlich des Konzils von Basel (1436) auch auf die Fehlerhaftigkeit von Julianischem Kalender und Osterrechnung ein und ist damit ein wichtiger Vertreter der Bemühungen um eine Reform des Julianischen Kalenders im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit. Das Konzil konnte sich jedoch nicht zu einer Kalenderreform entschließen, so dass erst über ein Jahrhundert später die Gregorianische Kalenderreform die Missstände beseitigte (1582).

Der Ablass und die Gottesmutter Maria

Beispielhaft sei hier die Ablassurkunde des Kardinals Nikolaus für das Kanonikerstift (Düsseldorf-) Kaiserswerth angeführt (HStAD Kaiserswerth, Urkunde. 448): Der Kardinal befand sich in den Jahren 1451-1452 auf einer ausgedehnten Legationsreise durch das römisch-deutsche Reich, als er an der Wende zum Jahr 1452 auch den Niederrhein erreichte. Hier muss es – wahrscheinlich in Köln – zur Aufnahme von Beziehungen zwischen dem Kardinal und den Kaiserswerther Stiftskanonikern gekommen sein. Ergebnis dieser Kontakte war die in Frankfurt am Main, am 18. März 1452 ausgestellte Urkunde des Kardinals Nikolaus von Kues für die Marienkapelle der Kaiserswerther Suitbertusbasilika. Die Urkunde verspricht jedem gläubigen Besucher an bestimmten Festtagen des Kirchenjahres, unter anderem an den Herren- und Marienfesten sowie an den Festtagen des heiligen Suitbert, einen Ablass von einhundert Tagen auf die Strafe im Fegefeuer, sofern der Beter und Büßer an der ‚Salve Regina‘-Andacht teilnimmt und zum Bau und der Ausstattung der Stiftskirche beiträgt.
Das Schriftstück steht damit zum einen für die seelsorgerische Tätigkeit des Nikolaus von Kues, in der neben der Predigt auch dem Ablass eine große Rolle zukommt. Nikolaus verwendete die Ablässe, um in der Bevölkerung eine sittlich-moralische Wirkung (im Sinne der katholischen Papstkirche) zu entfalten.

Zum anderen offenbart die Urkunde das Verhältnis des Nikolaus zur Gottesmutter Maria: Das Marienbild des Kardinals entsprach durchaus der Marienfrömmigkeit seiner Zeit, theologisch jedoch reflektiert er Maria kaum. Innerhalb seiner Christologie beziehungsweise Soteriologie fallen – gemäß der "coincidentia oppositorum", dem „Ineinsfall der Gegensätze“ – bei Jesus Christus Gott und Mensch, das Größte und das Kleinste, zusammen, ohne sich gemäß den zwei Naturen Christi zu vermischen. Menschliche und göttliche Sohnschaft Christi sind aber aufs Innigste geeint, was laut Cusanus die jungfräuliche Geburt durch die ewige Jungfrau Maria impliziert.

In der Predigt "Dies sanctificatus" („Geweihter Tag“) zu Weihnachten 1440 hatte Nikolaus von Kues in seiner damals dargelegten „Inkarnationsphilosophie“, die „Fleischwerdung des Herrn“ voraussetzend, die Jungfräulichkeit Marias vor, bei und nach der Geburt des Gottessohnes postuliert. Die Fleisch- und Menschwerdung Christi verknüpfte über den Gottessohn die Menschheit mit dem absoluten Maximum Gottes – ganz im Sinne der kusanischen Trinitätsphilosophie und dem eben genannten Ineinsfall der Gegensätze in Gott.

Werke

  • Astrologisch-gedeutete Weltgeschichte (1425)
  • De concordantia catholica (1433)
  • De maioritate auctoritatis sacrorum conciliorum supra auctoritatem papae (1433)
  • De usu communionis (Gegen den Irrtum der Hussiten) (1433/34)
  • De correctione Kalendarii (Über die Kalenderverbesserung) (1436)
  • Tractatulus de modo habilitandi ingenium ad discursum in dubiis (1436)
  • Libellus inquisitionis veri et boni (1436)
  • Sermo XXII: „Dies sanctificatus“ (1440)
  • De docta ignorantia (Die belehrte Unwissenheit) I-III (1440)
  • De coniecturis (Mutmaßungen) (1440/44)
  • Sermo XLIII: „Alleluia. Dies sanctificatus“ (1444)
  • Sermo XLIV: „Dies sanctificatus“ (1444)
  • De Deo abscondito (Vom verborgenen Gott) (1444/45)
  • De quaerendo Deum (Vom Gottsuchen) (1444/45)
  • De filiatione Dei (Von der Gotteskindschaft) (1444/45)
  • De transmutationibus geometricis ((1445))
  • De arithmeticis complementis ((1445))
  • De dato patris luminum (1445/46)
  • Coniectura de ultimis diebus (Mutmaßungen über die Endzeit) (1446)
  • Dialogus de genesi (1447)
  • De circuli quadratura (Über die Quadratur des Kreises) (1450)
  • Quadratura circuli (Die Kreisquadratur) (1450)
  • Idiota de sapientia (Der Laie über die Weisheit) I-II (1450)
  • Idiota de mente (Der Laie über den Geist) (1450)
  • Idiota de staticis experimentis (Der Laie über Versuche mit der Waage) (1450)
  • De pace fidei (Über den Frieden im Glauben) (1453)
  • De visione Dei (Von der Gottesschau) (1453)
  • Complementum theologicum (1453)
  • De mathematicis complementis I-II (1453/54)
  • Sermo CCLXXX: „Ego sum pastor bonus“ (1457)
  • Dialogus de circuli quadratura (1457)
  • De caesarea circuli quadratura (1457)
  • De beryllo (Über den Beryll) (1458)
  • De mathematica perfectione (Über die mathematische Vollendung) (1458)
  • De aequilitate (Über die Gleichheit) (1459)
  • De principio (Über den Anfang) (1459)
  • Reformatio generalis (Kirchenreform) (1459)
  • Aurea propositio in mathematicis (Der Goldene Satz in der Mathematik), in: Die mathematischen Schriften (1459)
  • Trialogus de possest (Über das Können-sein) (1460)
  • Cribratio Alkorani (Sichtung des Koran) I-III (1460/61)
  • Directio speculantis seu de li non-aliud (Vom Nichtanderen) (1462)
  • De ludo globi (Vom Globusspiel) (1462?)
  • De venatione sapientiae (Die Jagd nach der Weisheit) (1462/63)
  • Compendium (Kompendium) (1463)
  • De apice theoriae (Vom Gipfel der Schau. Die höchste Stufe der Betrachtung) (1464)
  • N.N. (?) (1464)
  • Declaratio rectilineatoris curvae (?)
  • De una recti curvique mensura (?)

Tabellarischer Lebenslauf

Cusanus' Geburtshaus
Cusanus' Geburtshaus

1401: Geboren im Winzerdorf Kues an der Mosel
1416: Studium an der Universität Heidelberg
1417 - 1423: Rechtsstudium in Padua mit Abschluß als Doctor decretorum
1425 (- 1428): Studium der Philosophie und Theologie an der Universität Köln
1427: Dekan am Florinstift in Koblenz
1435 - 1445: Probst von Münstermaifeld
1432 - 1437: Teilnahme am Konzil von Basel
1437 - 1438: Reise nach Konstantinopel und Rückreise mit dem oströmischen Kaiser, dem Patriachen und den Bischöfen der griechischen Kirche zum Unionskonzil von Ferrara
12.02.1440: Vollendung des großen Werks "De docta ignorantia" in Kues
1438 - 1448: Nikolaus von Kues kämpft als Gesandter des Papstes Eugen IV. auf den deutschen Reichs- und Fürstentagen um die Einheit der Kirche
11.01.1450: Erhebung zum Kardinal durch Papst Nikolaus V.
1450 - 1452: Große Legationsreise durch die deutschen Lande;
1450: Ernennung zum Bischof von Brixen in Tirol
1459 - 1464: Kurienkardinal und Generalvikar in Rom;<br/>11.08.1464: Nikolaus von Kues stirbt in Todi in Umbrien. Begräbnis in St. Pietro in vincoli; sein Herz ruht im St. Nikolaus Hospital in Kues

Eine ausführliche Biographie finden Sie in folgender PDF-Datei zum Herunterladen:

Biographie-NIKOLAUS-von-Kues.pdf

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